Lorazepam

Benzodiazepin bei akuten Angst- und Panikzuständen

Umfassende Informationen zu Wirkung, Anwendung, Dosierung und dem kritischen Thema Abhängigkeit bei Lorazepam.

Was ist Lorazepam?

Lorazepam ist ein Benzodiazepin, das unter verschiedenen Handelsnamen erhältlich ist - in Deutschland am bekanntesten als Tavor. Es gehört zur Gruppe der angstlösenden und beruhigenden Medikamente und wird hauptsächlich zur kurzfristigen Behandlung von akuten Angststörungen, Panikattacken und Spannungszuständen eingesetzt.

Lorazepam hat eine mittellange Wirkdauer mit einer Halbwertszeit von 10-20 Stunden und einen besonders schnellen Wirkungseintritt. Es wirkt anxiolytisch (angstlösend), sedierend (beruhigend), muskelrelaxierend (muskelentspannend), antikonvulsiv (krampflösend) und in höheren Dosen schlaffördernd.

💡 Besonderheit von Lorazepam

Im Gegensatz zu vielen anderen Benzodiazepinen hat Lorazepam keine aktiven Metaboliten (Abbauprodukte). Es wird direkt von der Niere ausgeschieden, ohne vorher in der Leber verstoffwechselt zu werden. Dies macht es besonders geeignet für Patienten mit Lebererkrankungen und älter Menschen, bei denen die Leberfunktion oft eingeschränkt ist.

⚠️ Betäubungsmittelrezept erforderlich

Lorazepam unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz und darf nur auf einem speziellen gelben Betäubungsmittelrezept verschrieben werden. Dies unterstreicht das extrem hohe Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial. Die Verschreibung ist streng reglementiert.

Wie wirkt Lorazepam?

Lorazepam gehört zur Gruppe der Benzodiazepine und wirkt durch Verstärkung der hemmenden Wirkung des Neurotransmitters GABA (Gamma-Aminobuttersäure) im zentralen Nervensystem.

Hauptwirkmechanismen

Die angstlösende Wirkung tritt extrem schnell ein - oft schon 20-30 Minuten nach Einnahme. Diese schnelle Wirkung macht Lorazepam sehr effektiv bei akuten Angstzuständen, begünstigt aber auch die Entwicklung einer psychischen Abhängigkeit.

Anwendungsgebiete von Lorazepam

Lorazepam ist für spezifische, akute und kurzfristige Anwendungen zugelassen:

Zugelassene Anwendungsgebiete

Wichtige Einschränkungen

Dosierung und Einnahme

Die Dosierung von Lorazepam sollte so niedrig und so kurz wie möglich gehalten werden. Die genaue Dosierung legt immer der behandelnde Arzt fest.

Übliche Dosierungen bei oraler Einnahme

Anwendungsgebiet Einzeldosis Tagesdosis Maximaldosis
Leichte bis mittelschwere Angst 0,5 - 1 mg 1 - 2,5 mg 7,5 mg täglich
Schwere Angst/Panik 1 - 2,5 mg 2,5 - 7,5 mg 7,5 mg täglich
Schlafstörungen 1 - 2 mg abends 1 - 2 mg 2 mg täglich
Ältere Patienten 0,5 - 1 mg 0,5 - 2 mg 2 mg täglich
Prämedikation 2 - 3 mg einmalig - -

Darreichungsformen

Einnahmehinweise

Wirkungseintritt und Wirkdauer

Lorazepam zeichnet sich durch einen besonders schnellen Wirkungseintritt aus:

Zeitlicher Verlauf

Der sehr schnelle Wirkungseintritt ist für akute Notfallsituationen vorteilhaft, erhöht aber das Missbrauchs- und Abhängigkeitsrisiko erheblich.

Nebenwirkungen von Lorazepam

Wie alle Benzodiazepine kann auch Lorazepam zahlreiche Nebenwirkungen verursachen:

Sehr häufige Nebenwirkungen (mehr als 1 von 10 Personen)

Häufige Nebenwirkungen (1 bis 10 von 100 Personen)

Gelegentliche Nebenwirkungen

Besondere Risiken

🚨 Lebensbedrohliche Kombination

Lorazepam + Alkohol = LEBENSGEFAHR! Die Kombination kann zu schwerer Atemdepression, Bewusstlosigkeit und Tod führen. Auch geringe Mengen Alkohol sind absolut verboten während der Behandlung mit Lorazepam. Gleiches gilt für die Kombination mit Opiaten!

Abhängigkeit und Missbrauchspotenzial

Das kritischste Thema bei Lorazepam ist das extrem hohe Abhängigkeitspotenzial. Dies kann nicht deutlich genug betont werden.

Wie entsteht Abhängigkeit?

Warum ist Lorazepam besonders abhängig machend?

Risikofaktoren für Abhängigkeit

Anzeichen einer Abhängigkeit

Entzugssymptome und Absetzen

Lorazepam darf NIEMALS abrupt abgesetzt werden! Nach regelmäßiger Einnahme, auch nur über wenige Wochen, kann ein plötzliches Absetzen zu schweren bis lebensbedrohlichen Entzugssymptomen führen.

Typische Entzugssymptome

Zeitverlauf der Entzugssymptome

Richtiges Absetzen (Ausschleichen)

Das Absetzen von Lorazepam erfordert einen sehr langsamen, schrittweisen Prozess unter engmaschiger ärztlicher Aufsicht:

🚨 Niemals eigenständig absetzen!

Ein Benzodiazepin-Entzug ohne ärztliche Aufsicht kann tödlich enden! Krampfanfälle und Delirium sind lebensbedrohlich. Selbst nach nur wenigen Wochen Einnahme sollte das Absetzen nur unter ärztlicher Kontrolle erfolgen. Bei Langzeiteinnahme ist ein professioneller, oft stationärer Entzug unumgänglich.

Gegenanzeigen und Vorsichtsmaßnahmen

Lorazepam darf in bestimmten Situationen nicht angewendet werden:

Absolute Gegenanzeigen (Lorazepam darf nicht eingenommen werden)

Relative Gegenanzeigen (nur mit größter Vorsicht)

Schwangerschaft und Stillzeit

Lorazepam sollte während der Schwangerschaft strikt vermieden werden. Risiken umfassen:

Stillen ist kontraindiziert, da Lorazepam in die Muttermilch übergeht und das Baby sedieren kann.

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten

Lorazepam kann mit zahlreichen anderen Substanzen gefährlich interagieren:

Lebensbedrohliche Wechselwirkungen

Weitere wichtige Wechselwirkungen

Vergleich mit anderen Benzodiazepinen

Lorazepam ist eines der am häufigsten verschriebenen Benzodiazepine:

Medikament Wirkdauer Wirkungseintritt Halbwertszeit Besonderheit
Lorazepam Mittellang Sehr schnell (20-30 min) 10-20 Std Keine aktiven Metaboliten, gut bei Leberproblemen
Alprazolam (Tafil) Kurz bis mittel Sehr schnell 12-15 Std Sehr hohes Abhängigkeitsrisiko
Bromazepam (Lexotanil) Mittellang Mittel (30-60 min) 10-20 Std Ausgewogenes Profil
Diazepam (Valium) Lang Schnell 20-100 Std Ideal zum Ausschleichen, aktive Metaboliten
Oxazepam (Adumbran) Kurz Langsam 4-15 Std Für ältere Patienten geeignet
Clonazepam (Rivotril) Lang Mittel 30-40 Std Stark antikonvulsiv

Besonderheiten bei älteren Patienten

Lorazepam erfordert bei älteren Menschen besondere Vorsicht:

Erhöhte Risiken bei Älteren

Empfehlungen für ältere Patienten

Alternativen zu Lorazepam

Für die langfristige Behandlung von Angststörungen gibt es bessere, nicht-abhängig machende Alternativen:

Medikamentöse Alternativen

Nicht-medikamentöse Alternativen

Praktische Tipps für die sichere Anwendung

✅ So minimieren Sie Risiken

  • So kurz wie möglich: Idealerweise nur wenige Tage, maximal 2-4 Wochen
  • Niedrigste wirksame Dosis: Nicht "vorsorglich" höher dosieren
  • Nur bei Bedarf statt täglich: Wenn möglich (reduziert Abhängigkeitsrisiko)
  • Von Anfang an Exit-Strategie planen: Mit Arzt Absetzplan besprechen
  • Parallele Therapie starten: SSRI oder Psychotherapie beginnen
  • Absolut kein Alkohol: Lebensgefahr!
  • Nicht Auto fahren: Während gesamter Behandlung und 24h nach letzter Einnahme
  • Führen eines Einnahme-Tagebuchs: Dosis und Wirkung dokumentieren
  • Regelmäßige Arztbesuche: Wöchentliche Kontrolle
  • Niemals Dosis eigenständig erhöhen: Auch wenn Wirkung nachlässt
  • Vertrauensperson informieren: Jemand sollte über Einnahme Bescheid wissen

Häufig gestellte Fragen zu Lorazepam

Macht Lorazepam süchtig?

Ja, Lorazepam hat ein extrem hohes Abhängigkeitspotenzial - eines der höchsten aller Benzodiazepine. Sowohl körperliche als auch psychische Abhängigkeit können sich bereits nach 2-4 Wochen täglicher Einnahme entwickeln. Der sehr schnelle Wirkungseintritt und die starke anxiolytische Wirkung erhöhen das Risiko zusätzlich. Eine Abhängigkeit ist KEINE Charakterschwäche, sondern eine pharmakologische Eigenschaft des Medikaments.

Wie lange darf ich Lorazepam maximal einnehmen?

Die offizielle Empfehlung lautet: Maximal 4 Wochen, inklusive Ausschleichphase. Idealerweise sollte die Einnahme noch deutlich kürzer sein - nur wenige Tage bis maximal 2 Wochen. Jede Einnahme darüber hinaus erhöht das Abhängigkeitsrisiko exponentiell. Bei länger anhaltenden Problemen müssen andere Behandlungsoptionen gewählt werden.

Was ist der Unterschied zwischen Lorazepam und Tavor?

Es gibt keinen Unterschied - Tavor ist lediglich ein Handelsname für den Wirkstoff Lorazepam. Beide Bezeichnungen meinen exakt dasselbe Medikament. In Deutschland ist "Tavor" die bekanntere Bezeichnung, international wird meist "Lorazepam" verwendet.

Kann ich Lorazepam nur bei Bedarf nehmen?

Eine Bedarfseinnahme ist theoretisch besser als eine regelmäßige tägliche Einnahme, da sie das Risiko einer körperlichen Abhängigkeit reduziert. Allerdings besteht auch hier die Gefahr einer starken psychischen Abhängigkeit - das Sicherheitsgefühl, das Medikament "für den Notfall" bei sich zu haben, kann selbst zur Abhängigkeit führen. Zudem kann häufige Bedarfseinnahme (täglich oder mehrmals wöchentlich) ebenfalls zu körperlicher Abhängigkeit führen.

Was passiert, wenn ich Lorazepam plötzlich absetze?

Ein plötzliches Absetzen ist extrem gefährlich! Es kann zu schweren Entzugssymptomen kommen, darunter extreme Angst, Panikattacken, Schlaflosigkeit, Zittern, Schwitzen und in schweren Fällen zu lebensbedrohlichen Krampfanfällen oder Delirium. Das Absetzen muss IMMER langsam und schrittweise unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, selbst nach nur kurzer Einnahmezeit.

Warum ist Lorazepam besser bei Leberproblemen?

Lorazepam wird im Gegensatz zu den meisten anderen Benzodiazepinen nicht über die Leber verstoffwechselt, sondern direkt über die Nieren ausgeschieden (Glucuronidierung). Es bildet keine aktiven Metaboliten. Das macht es zur bevorzugten Wahl bei Patienten mit Lebererkrankungen und bei älteren Menschen, bei denen die Leberfunktion oft eingeschränkt ist. Auch Oxazepam und Temazepam haben diese Eigenschaft.

Kann ich unter Lorazepam arbeiten?

Das hängt stark von der Tätigkeit ab. Autofahren und Bedienen von Maschinen ist strikt verboten - sowohl aus Sicherheitsgründen als auch rechtlich. Tätigkeiten, die schnelle Reaktionen, Konzentration, Urteilsvermögen oder Gedächtnisleistung erfordern, sind ebenfalls problematisch. Selbst einfache Bürotätigkeiten können durch Müdigkeit und Konzentrationsstörungen beeinträchtigt sein. Besprechen Sie unbedingt mit Ihrem Arzt, ob Sie arbeitsfähig sind.