Was ist Lorazepam?
Lorazepam ist ein Benzodiazepin, das unter verschiedenen Handelsnamen erhältlich ist - in Deutschland am bekanntesten als Tavor. Es gehört zur Gruppe der angstlösenden und beruhigenden Medikamente und wird hauptsächlich zur kurzfristigen Behandlung von akuten Angststörungen, Panikattacken und Spannungszuständen eingesetzt.
Lorazepam hat eine mittellange Wirkdauer mit einer Halbwertszeit von 10-20 Stunden und einen besonders schnellen Wirkungseintritt. Es wirkt anxiolytisch (angstlösend), sedierend (beruhigend), muskelrelaxierend (muskelentspannend), antikonvulsiv (krampflösend) und in höheren Dosen schlaffördernd.
💡 Besonderheit von Lorazepam
Im Gegensatz zu vielen anderen Benzodiazepinen hat Lorazepam keine aktiven Metaboliten (Abbauprodukte). Es wird direkt von der Niere ausgeschieden, ohne vorher in der Leber verstoffwechselt zu werden. Dies macht es besonders geeignet für Patienten mit Lebererkrankungen und älter Menschen, bei denen die Leberfunktion oft eingeschränkt ist.
⚠️ Betäubungsmittelrezept erforderlich
Lorazepam unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz und darf nur auf einem speziellen gelben Betäubungsmittelrezept verschrieben werden. Dies unterstreicht das extrem hohe Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial. Die Verschreibung ist streng reglementiert.
Wie wirkt Lorazepam?
Lorazepam gehört zur Gruppe der Benzodiazepine und wirkt durch Verstärkung der hemmenden Wirkung des Neurotransmitters GABA (Gamma-Aminobuttersäure) im zentralen Nervensystem.
Hauptwirkmechanismen
- GABA-Verstärkung: Bindet an GABA-A-Rezeptoren und verstärkt die beruhigende, hemmende Wirkung von GABA
- Anxiolytische Wirkung: Starke und schnelle Reduktion von Angst, Panik und innerer Unruhe
- Sedierende Wirkung: Deutliche Beruhigung und Müdigkeit
- Muskelrelaxierende Wirkung: Entspannung verkrampfter Muskulatur
- Antikonvulsive Wirkung: Verhindert oder stoppt Krampfanfälle
- Amnestische Wirkung: Kann das Gedächtnis für Ereignisse während der Wirkung beeinträchtigen
Die angstlösende Wirkung tritt extrem schnell ein - oft schon 20-30 Minuten nach Einnahme. Diese schnelle Wirkung macht Lorazepam sehr effektiv bei akuten Angstzuständen, begünstigt aber auch die Entwicklung einer psychischen Abhängigkeit.
Anwendungsgebiete von Lorazepam
Lorazepam ist für spezifische, akute und kurzfristige Anwendungen zugelassen:
Zugelassene Anwendungsgebiete
- Akute Angst- und Spannungszustände: Intensive, plötzlich auftretende Angst
- Panikattacken: Akute Panik (nur kurzfristig!)
- Akute Belastungsreaktionen: Nach traumatischen Ereignissen (sehr kurzfristig)
- Schlafstörungen: Nur wenn sie Folge akuter Angst oder Unruhe sind
- Prämedikation: Zur Beruhigung vor medizinischen Eingriffen oder Operationen
- Status epilepticus: Notfallbehandlung anhaltender Krampfanfälle (als Injektion)
- Alkoholentzug: Zur Behandlung von Entzugssymptomen (stationär)
Wichtige Einschränkungen
- NUR für kurzfristige Behandlung: Maximal 4 Wochen, besser noch kürzer (wenige Tage)
- NICHT zur Dauerbehandlung: Hohes Abhängigkeitsrisiko
- NICHT Mittel der ersten Wahl: Bei chronischen Angststörungen sind SSRI oder Psychotherapie vorzuziehen
- Nur symptomatisch: Bekämpft nicht die Ursache der Angst
Dosierung und Einnahme
Die Dosierung von Lorazepam sollte so niedrig und so kurz wie möglich gehalten werden. Die genaue Dosierung legt immer der behandelnde Arzt fest.
Übliche Dosierungen bei oraler Einnahme
| Anwendungsgebiet | Einzeldosis | Tagesdosis | Maximaldosis |
|---|---|---|---|
| Leichte bis mittelschwere Angst | 0,5 - 1 mg | 1 - 2,5 mg | 7,5 mg täglich |
| Schwere Angst/Panik | 1 - 2,5 mg | 2,5 - 7,5 mg | 7,5 mg täglich |
| Schlafstörungen | 1 - 2 mg abends | 1 - 2 mg | 2 mg täglich |
| Ältere Patienten | 0,5 - 1 mg | 0,5 - 2 mg | 2 mg täglich |
| Prämedikation | 2 - 3 mg einmalig | - | - |
Darreichungsformen
- Tabletten: Verschiedene Stärken (0,5 mg, 1 mg, 2 mg, 2,5 mg)
- Tavor Expidet (Schmelztabletten): Zergehen auf der Zunge, kein Wasser nötig, schnellerer Wirkungseintritt
- Injektionslösung: Für Notfälle (Status epilepticus, extreme Angst)
Einnahmehinweise
- Tabletten können unabhängig von Mahlzeiten eingenommen werden
- Verteilung auf 2-3 Einzeldosen pro Tag oder einmalige Einnahme bei Bedarf
- Bei Schlafstörungen: 30-60 Minuten vor dem Schlafengehen
- Tavor Expidet auf der Zunge zergehen lassen
- Mit ausreichend Flüssigkeit einnehmen (außer Expidet)
Wirkungseintritt und Wirkdauer
Lorazepam zeichnet sich durch einen besonders schnellen Wirkungseintritt aus:
Zeitlicher Verlauf
- Wirkungseintritt: Nach 20-30 Minuten (Tabletten), nach 10-20 Minuten (Expidet)
- Maximale Wirkung: Nach 1-2 Stunden
- Halbwertszeit: 10-20 Stunden (mittellang)
- Wirkdauer pro Dosis: 6-12 Stunden
- Vollständiger Abbau: Nach etwa 2-4 Tagen nach letzter Einnahme
- Keine aktiven Metaboliten: Direkte renale Ausscheidung
Der sehr schnelle Wirkungseintritt ist für akute Notfallsituationen vorteilhaft, erhöht aber das Missbrauchs- und Abhängigkeitsrisiko erheblich.
Nebenwirkungen von Lorazepam
Wie alle Benzodiazepine kann auch Lorazepam zahlreiche Nebenwirkungen verursachen:
Sehr häufige Nebenwirkungen (mehr als 1 von 10 Personen)
- Müdigkeit und Schläfrigkeit: Sehr ausgeprägt, häufigste Nebenwirkung
- Benommenheit und Schwindel: "Wie in Watte gepackt"
- Muskelschwäche: Gefühl von Kraftlosigkeit in Armen und Beinen
Häufige Nebenwirkungen (1 bis 10 von 100 Personen)
- Konzentrationsstörungen: Deutlich beeinträchtigte geistige Leistungsfähigkeit
- Gedächtnisstörungen: Besonders Kurzzeitgedächtnis (anterograde Amnesie) - Ereignisse während der Wirkung werden nicht gespeichert
- Kopfschmerzen: Besonders zu Behandlungsbeginn
- Verwirrtheit: Vor allem bei älteren Menschen
- Mundtrockenheit: Unangenehmes Trockenheitsgefühl
- Verstopfung oder Durchfall: Magen-Darm-Beschwerden
- Übelkeit: Kann mit oder ohne Erbrechen auftreten
- Sehstörungen: Verschwommenes Sehen, Doppelbilder
- Sexuelle Funktionsstörungen: Libidoverlust, Erektionsprobleme
- Gewichtsveränderungen: Zunahme oder Abnahme möglich
Gelegentliche Nebenwirkungen
- Paradoxe Reaktionen: Unruhe, Aggressivität, Reizbarkeit, Wutausbrüche (vor allem bei Kindern, älteren Menschen und hohen Dosen)
- Depression: Verstärkung oder Auslösung depressiver Symptome, Suizidgedanken
- Halluzinationen: Sehen oder Hören von Dingen, die nicht da sind
- Gangunsicherheit: Erhöhtes Sturzrisiko, besonders bei älteren Menschen
- Hautausschlag: Allergische Reaktionen
- Blutdruckabfall: Schwindel beim Aufstehen
Besondere Risiken
- Abhängigkeit: Körperliche und psychische Abhängigkeit (siehe separater Abschnitt)
- Toleranzentwicklung: Wirkung lässt mit der Zeit nach, Dosissteigerung wird nötig
- Verkehrstüchtigkeit: Massiv beeinträchtigt - absolutes Fahrverbot!
- Sturzgefahr: Besonders hoch bei älteren Menschen
- Atemdepression: In Kombination mit Alkohol oder Opiaten lebensbedrohlich!
- Gedächtnisverlust: "Filmrisse" - keine Erinnerung an Ereignisse
🚨 Lebensbedrohliche Kombination
Lorazepam + Alkohol = LEBENSGEFAHR! Die Kombination kann zu schwerer Atemdepression, Bewusstlosigkeit und Tod führen. Auch geringe Mengen Alkohol sind absolut verboten während der Behandlung mit Lorazepam. Gleiches gilt für die Kombination mit Opiaten!
Abhängigkeit und Missbrauchspotenzial
Das kritischste Thema bei Lorazepam ist das extrem hohe Abhängigkeitspotenzial. Dies kann nicht deutlich genug betont werden.
Wie entsteht Abhängigkeit?
- Körperliche Abhängigkeit: Der Körper passt sich an das Medikament an und benötigt es zur "Normalfunktion". Kann sich bereits nach 2-4 Wochen täglicher Einnahme entwickeln!
- Psychische Abhängigkeit: Starkes Verlangen, das Gefühl der Unfähigkeit ohne das Medikament zurechtzukommen. Oft schneller als körperliche Abhängigkeit
- Toleranzentwicklung: Die gleiche Dosis wirkt schwächer, Dosissteigerung wird nötig
- Schnelle Toleranz: Bei Lorazepam besonders ausgeprägt
Warum ist Lorazepam besonders abhängig machend?
- Sehr schneller Wirkungseintritt: Verstärkt die psychische Abhängigkeit (sofortige Belohnung)
- Starke anxiolytische Wirkung: Sehr effektive Angstlösung = hoher "Verstärkereffekt"
- Mittellange Wirkdauer: Nicht zu kurz, nicht zu lang - ungünstiges Profil für Abhängigkeitsentwicklung
- Rebound-Effekt: Nach Nachlassen der Wirkung kommt Angst oft verstärkt zurück
Risikofaktoren für Abhängigkeit
- Einnahme über mehr als 4 Wochen
- Höhere Dosierungen (über 2 mg täglich)
- Vorherige Suchterkrankungen jeder Art
- Persönlichkeitsstörungen
- Chronische Stresssituationen ohne Bewältigungsstrategien
- Fehlende psychotherapeutische Begleitung
- Soziale Isolation
Anzeichen einer Abhängigkeit
- Starkes, zwanghaftes Verlangen nach dem Medikament
- Einnahme in höheren Dosen oder häufiger als verschrieben
- Einnahme über längeren Zeitraum als ursprünglich geplant
- Erfolglose Versuche, die Einnahme zu reduzieren oder zu beenden
- Viel Zeit für Beschaffung, Einnahme und Erholung
- Beschaffung von mehreren Ärzten ("Doctor Shopping")
- Vernachlässigung von Pflichten und Hobbys
- Fortgesetzte Einnahme trotz negativer Konsequenzen
- Entzugssymptome bei Dosisreduktion oder Auslassen
- Gefühl, ohne das Medikament nicht funktionieren zu können
Entzugssymptome und Absetzen
Lorazepam darf NIEMALS abrupt abgesetzt werden! Nach regelmäßiger Einnahme, auch nur über wenige Wochen, kann ein plötzliches Absetzen zu schweren bis lebensbedrohlichen Entzugssymptomen führen.
Typische Entzugssymptome
- Angst und Panikattacken: Oft viel stärker als ursprünglich (Rebound-Angst)
- Schlaflosigkeit: Schwere, quälende Schlafstörungen über Wochen bis Monate
- Innere Unruhe: Extreme Anspannung und Nervosität
- Zittern: Fein- oder grobschlägiger Tremor
- Schwitzen: Starkes Schwitzen ohne Anstrengung
- Muskelschmerzen und Verspannungen: Vor allem Nacken und Rücken
- Übelkeit und Erbrechen: Magen-Darm-Beschwerden
- Kopfschmerzen: Oft migräneartig
- Konzentrationsstörungen: "Gehirnnebel"
- Wahrnehmungsveränderungen:
- Überempfindlichkeit gegenüber Licht, Geräuschen, Berührungen
- Depersonalisation (Gefühl, nicht man selbst zu sein)
- Derealisation (Gefühl, die Umgebung sei unwirklich)
- Stimmungsschwankungen: Depression, Reizbarkeit, Wut
- Krampfanfälle: Bei abruptem Absetzen - LEBENSBEDROHLICH!
- Delirium: Verwirrtheit, Halluzinationen - medizinischer Notfall!
Zeitverlauf der Entzugssymptome
- Frühe Symptome: 6-24 Stunden nach letzter Einnahme
- Peak der Symptome: Tag 2-4
- Akuter Entzug: 1-2 Wochen
- Protrahierter Entzug: Wochen bis Monate (Schlafstörungen, Angst, Depersonalisation)
Richtiges Absetzen (Ausschleichen)
Das Absetzen von Lorazepam erfordert einen sehr langsamen, schrittweisen Prozess unter engmaschiger ärztlicher Aufsicht:
- Sehr langsame Dosisreduktion: Maximal 10-25% der Dosis alle 1-2 Wochen
- Noch langsamer im unteren Dosisbereich: Die letzten Milligramm sind oft die schwierigsten
- Umstellung auf langwirksames Benzodiazepin: Oft Wechsel auf Diazepam, da es sanfter auszuschleichen ist
- Gesamtdauer: Mindestens 4-8 Wochen, oft mehrere Monate, bei jahrelanger Einnahme bis zu einem Jahr
- Stationärer Entzug: Bei hohen Dosen, langer Einnahmedauer oder gescheiterten ambulanten Versuchen
- Psychotherapeutische Begleitung: Essentiell für Erfolg
- Erlernen von Bewältigungsstrategien: Für Angst und Stress
- Flexibilität: Geschwindigkeit richtet sich nach individuellem Befinden
🚨 Niemals eigenständig absetzen!
Ein Benzodiazepin-Entzug ohne ärztliche Aufsicht kann tödlich enden! Krampfanfälle und Delirium sind lebensbedrohlich. Selbst nach nur wenigen Wochen Einnahme sollte das Absetzen nur unter ärztlicher Kontrolle erfolgen. Bei Langzeiteinnahme ist ein professioneller, oft stationärer Entzug unumgänglich.
Gegenanzeigen und Vorsichtsmaßnahmen
Lorazepam darf in bestimmten Situationen nicht angewendet werden:
Absolute Gegenanzeigen (Lorazepam darf nicht eingenommen werden)
- Bekannte Überempfindlichkeit gegen Lorazepam oder andere Benzodiazepine
- Myasthenia gravis: Autoimmunkrankheit der Muskeln
- Schwere Ateminsuffizienz: Schwere Atemprobleme, COPD im Endstadium
- Schlafapnoe-Syndrom: Atemaussetzer im Schlaf
- Schwere Leberinsuffizienz: Nur bei sehr schwerer Leberschädigung (sonst sogar bevorzugt!)
- Akute Vergiftung mit Alkohol, Schlaf-/Schmerzmitteln oder Psychopharmaka
- Akutes Engwinkelglaukom: Bestimmte Form des grünen Stars
Relative Gegenanzeigen (nur mit größter Vorsicht)
- Suchtanamnese: Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenabhängigkeit in der Vorgeschichte - sehr hohes Rückfallrisiko!
- Ältere Patienten (erhöhtes Sturz-, Verwirrtheit- und Abhängigkeitsrisiko)
- Chronische Atemwegserkrankungen
- Depression oder Suizidgedanken (kann Depression verstärken)
- Hirnorganische Veränderungen
- Nierenerkrankungen (Dosisanpassung nötig)
Schwangerschaft und Stillzeit
Lorazepam sollte während der Schwangerschaft strikt vermieden werden. Risiken umfassen:
- Fehlbildungen (besonders im 1. Trimenon)
- Floppy-Infant-Syndrom (schlaffer Säugling)
- Entzugssymptome beim Neugeborenen
- Atemdepression beim Neugeborenen
- Entwicklungsverzögerungen
Stillen ist kontraindiziert, da Lorazepam in die Muttermilch übergeht und das Baby sedieren kann.
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
Lorazepam kann mit zahlreichen anderen Substanzen gefährlich interagieren:
Lebensbedrohliche Wechselwirkungen
- Alkohol: EXTREM GEFÄHRLICH! Massive Verstärkung der sedierenden Wirkung, Atemdepression, Koma, Tod möglich. Absolut verboten!
- Opioide: Morphin, Oxycodon, Fentanyl, Tramadol - lebensbedrohliche Atemdepression
- Andere ZNS-Dämpfer: Verstärkung aller dämpfenden Wirkungen
Weitere wichtige Wechselwirkungen
- Andere Benzodiazepine: Verstärkte Wirkung und Nebenwirkungen
- Schlafmittel (Z-Substanzen): Zolpidem, Zopiclon - verstärkte Sedierung
- Antipsychotika: Verstärkte Sedierung und Atemdepression
- Sedierende Antidepressiva: Mirtazapin, Amitriptylin - verstärkte Müdigkeit
- Antihistaminika: Verstärkte Sedierung
- Muskelrelaxanzien: Verstärkte Muskelschwäche
- Antiepileptika: Gegenseitige Wirkungsverstärkung
- Probenecid: Erhöht Lorazepam-Spiegel
- Valproat: Erhöht Lorazepam-Spiegel
Vergleich mit anderen Benzodiazepinen
Lorazepam ist eines der am häufigsten verschriebenen Benzodiazepine:
| Medikament | Wirkdauer | Wirkungseintritt | Halbwertszeit | Besonderheit |
|---|---|---|---|---|
| Lorazepam | Mittellang | Sehr schnell (20-30 min) | 10-20 Std | Keine aktiven Metaboliten, gut bei Leberproblemen |
| Alprazolam (Tafil) | Kurz bis mittel | Sehr schnell | 12-15 Std | Sehr hohes Abhängigkeitsrisiko |
| Bromazepam (Lexotanil) | Mittellang | Mittel (30-60 min) | 10-20 Std | Ausgewogenes Profil |
| Diazepam (Valium) | Lang | Schnell | 20-100 Std | Ideal zum Ausschleichen, aktive Metaboliten |
| Oxazepam (Adumbran) | Kurz | Langsam | 4-15 Std | Für ältere Patienten geeignet |
| Clonazepam (Rivotril) | Lang | Mittel | 30-40 Std | Stark antikonvulsiv |
Besonderheiten bei älteren Patienten
Lorazepam erfordert bei älteren Menschen besondere Vorsicht:
Erhöhte Risiken bei Älteren
- Sturzgefahr: Durch Schwindel und Muskelschwäche stark erhöht
- Verwirrtheit: Häufiger als bei jüngeren Patienten
- Paradoxe Reaktionen: Aggressivität und Unruhe häufiger
- Kognitive Beeinträchtigung: Kann Demenz-Symptome verschlechtern oder imitieren
- Verlängerte Wirkung: Langsamerer Abbau im Alter
- Höheres Abhängigkeitsrisiko: Oft längere Einnahmedauer
Empfehlungen für ältere Patienten
- Niedrigere Startdosis (maximal 0,5-1 mg)
- Noch kürzere Behandlungsdauer (maximal 1-2 Wochen)
- Bevorzugung von Oxazepam bei älteren Patienten
- Engmaschige Überwachung
- Sturzprophylaxe-Maßnahmen
Alternativen zu Lorazepam
Für die langfristige Behandlung von Angststörungen gibt es bessere, nicht-abhängig machende Alternativen:
Medikamentöse Alternativen
- SSRI-Antidepressiva: Escitalopram, Sertralin, Paroxetin - Mittel der ersten Wahl
- SNRI-Antidepressiva: Venlafaxin - besonders bei generalisierter Angststörung
- Pregabalin: Lyrica - bei generalisierter Angststörung (Vorsicht: ebenfalls Abhängigkeitspotenzial!)
- Buspiron: Anxiolytikum ohne Abhängigkeitspotenzial (in Deutschland selten verfügbar)
- Hydroxyzin: Antihistaminikum mit anxiolytischer Wirkung
- Betablocker: Bei körperlichen Angstsymptomen
- Niedrig dosierte Antipsychotika: Quetiapin in niedriger Dosis (off-label)
Nicht-medikamentöse Alternativen
- Kognitive Verhaltenstherapie (KVT): Goldstandard, sehr effektiv
- Expositionstherapie: Konfrontation mit Angstauslösern
- Entspannungsverfahren: Progressive Muskelrelaxation, Autogenes Training
- Achtsamkeitsbasierte Therapie: MBSR, MBCT
- Atemtechniken: Zur Selbstregulation
- Sport und Bewegung: Nachweislich stark angstreduzierend
Praktische Tipps für die sichere Anwendung
✅ So minimieren Sie Risiken
- So kurz wie möglich: Idealerweise nur wenige Tage, maximal 2-4 Wochen
- Niedrigste wirksame Dosis: Nicht "vorsorglich" höher dosieren
- Nur bei Bedarf statt täglich: Wenn möglich (reduziert Abhängigkeitsrisiko)
- Von Anfang an Exit-Strategie planen: Mit Arzt Absetzplan besprechen
- Parallele Therapie starten: SSRI oder Psychotherapie beginnen
- Absolut kein Alkohol: Lebensgefahr!
- Nicht Auto fahren: Während gesamter Behandlung und 24h nach letzter Einnahme
- Führen eines Einnahme-Tagebuchs: Dosis und Wirkung dokumentieren
- Regelmäßige Arztbesuche: Wöchentliche Kontrolle
- Niemals Dosis eigenständig erhöhen: Auch wenn Wirkung nachlässt
- Vertrauensperson informieren: Jemand sollte über Einnahme Bescheid wissen
Häufig gestellte Fragen zu Lorazepam
Macht Lorazepam süchtig?
Ja, Lorazepam hat ein extrem hohes Abhängigkeitspotenzial - eines der höchsten aller Benzodiazepine. Sowohl körperliche als auch psychische Abhängigkeit können sich bereits nach 2-4 Wochen täglicher Einnahme entwickeln. Der sehr schnelle Wirkungseintritt und die starke anxiolytische Wirkung erhöhen das Risiko zusätzlich. Eine Abhängigkeit ist KEINE Charakterschwäche, sondern eine pharmakologische Eigenschaft des Medikaments.
Wie lange darf ich Lorazepam maximal einnehmen?
Die offizielle Empfehlung lautet: Maximal 4 Wochen, inklusive Ausschleichphase. Idealerweise sollte die Einnahme noch deutlich kürzer sein - nur wenige Tage bis maximal 2 Wochen. Jede Einnahme darüber hinaus erhöht das Abhängigkeitsrisiko exponentiell. Bei länger anhaltenden Problemen müssen andere Behandlungsoptionen gewählt werden.
Was ist der Unterschied zwischen Lorazepam und Tavor?
Es gibt keinen Unterschied - Tavor ist lediglich ein Handelsname für den Wirkstoff Lorazepam. Beide Bezeichnungen meinen exakt dasselbe Medikament. In Deutschland ist "Tavor" die bekanntere Bezeichnung, international wird meist "Lorazepam" verwendet.
Kann ich Lorazepam nur bei Bedarf nehmen?
Eine Bedarfseinnahme ist theoretisch besser als eine regelmäßige tägliche Einnahme, da sie das Risiko einer körperlichen Abhängigkeit reduziert. Allerdings besteht auch hier die Gefahr einer starken psychischen Abhängigkeit - das Sicherheitsgefühl, das Medikament "für den Notfall" bei sich zu haben, kann selbst zur Abhängigkeit führen. Zudem kann häufige Bedarfseinnahme (täglich oder mehrmals wöchentlich) ebenfalls zu körperlicher Abhängigkeit führen.
Was passiert, wenn ich Lorazepam plötzlich absetze?
Ein plötzliches Absetzen ist extrem gefährlich! Es kann zu schweren Entzugssymptomen kommen, darunter extreme Angst, Panikattacken, Schlaflosigkeit, Zittern, Schwitzen und in schweren Fällen zu lebensbedrohlichen Krampfanfällen oder Delirium. Das Absetzen muss IMMER langsam und schrittweise unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, selbst nach nur kurzer Einnahmezeit.
Warum ist Lorazepam besser bei Leberproblemen?
Lorazepam wird im Gegensatz zu den meisten anderen Benzodiazepinen nicht über die Leber verstoffwechselt, sondern direkt über die Nieren ausgeschieden (Glucuronidierung). Es bildet keine aktiven Metaboliten. Das macht es zur bevorzugten Wahl bei Patienten mit Lebererkrankungen und bei älteren Menschen, bei denen die Leberfunktion oft eingeschränkt ist. Auch Oxazepam und Temazepam haben diese Eigenschaft.
Kann ich unter Lorazepam arbeiten?
Das hängt stark von der Tätigkeit ab. Autofahren und Bedienen von Maschinen ist strikt verboten - sowohl aus Sicherheitsgründen als auch rechtlich. Tätigkeiten, die schnelle Reaktionen, Konzentration, Urteilsvermögen oder Gedächtnisleistung erfordern, sind ebenfalls problematisch. Selbst einfache Bürotätigkeiten können durch Müdigkeit und Konzentrationsstörungen beeinträchtigt sein. Besprechen Sie unbedingt mit Ihrem Arzt, ob Sie arbeitsfähig sind.