Was sind Angststörungen?
Angst ist eine normale und wichtige Emotion. Sie warnt uns vor Gefahren und bereitet den Körper auf Flucht oder Kampf vor. Von einer Angststörung spricht man erst dann, wenn die Angst:
- Unverhältnismäßig stark ist im Vergleich zur tatsächlichen Gefahr
- Über einen längeren Zeitraum (mehrere Wochen bis Monate) anhält
- Das alltägliche Leben erheblich einschränkt
- Nicht mehr kontrollierbar erscheint
- Zu starkem Vermeidungsverhalten führt
Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen überhaupt. In Deutschland leidet etwa jeder zehnte Erwachsene im Laufe seines Lebens an einer behandlungsbedürftigen Angststörung. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer.
💡 Gute Nachricht: Angststörungen sind sehr gut behandelbar!
Mit den richtigen Therapiemethoden können 70-80% der Betroffenen deutliche Besserung oder vollständige Heilung erreichen. Je früher die Behandlung beginnt, desto besser sind die Aussichten.
Die Kombination aus Psychotherapie (vor allem kognitive Verhaltenstherapie) und bei Bedarf Medikamenten gilt als besonders wirksam.
Die verschiedenen Arten von Angststörungen
Angststörung ist ein Oberbegriff für verschiedene Erkrankungen, die sich in ihren Symptomen und Auslösern unterscheiden:
🌪️ Generalisierte Angststörung (GAS)
Anhaltende, übertriebene Sorgen und Ängste über alltägliche Dinge wie Gesundheit, Finanzen, Arbeit oder Familie. Die Betroffenen können ihre Sorgen nicht kontrollieren und fühlen sich ständig angespannt.
- Ständiges Grübeln und "Kopfkino"
- Muskelanspannung und Verspannungen
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Reizbarkeit und Nervosität
- Schlafstörungen
💥 Panikstörung
Wiederkehrende, plötzliche Angstanfälle (Panikattacken) ohne erkennbaren äußeren Auslöser. Die Attacken erreichen innerhalb von Minuten ihren Höhepunkt und sind begleitet von intensiven körperlichen Symptomen.
- Herzrasen und Herzklopfen
- Atemnot und Erstickungsgefühl
- Schwindel und Benommenheit
- Todesangst oder Angst, verrückt zu werden
- Angst vor der nächsten Attacke
🚪 Agoraphobie
Angst vor Situationen oder Orten, aus denen eine Flucht schwierig oder peinlich wäre, oder in denen im Fall einer Panikattacke keine Hilfe verfügbar wäre.
- Angst vor öffentlichen Verkehrsmitteln
- Angst vor Menschenmengen
- Angst vor weiten, offenen Plätzen
- Angst vor geschlossenen Räumen
- Vermeidung des Alleinseins außer Haus
👥 Soziale Angststörung (Sozialphobie)
Ausgeprägte und anhaltende Angst vor sozialen Situationen, in denen man im Mittelpunkt stehen oder bewertet werden könnte. Die Angst ist so stark, dass soziale Kontakte gemieden werden.
- Angst vor Ablehnung und negativer Bewertung
- Erröten, Zittern, Schwitzen in sozialen Situationen
- Vermeidung von Vorträgen, Präsentationen
- Schwierigkeiten, in der Öffentlichkeit zu essen
- Einsamkeit trotz Sehnsucht nach Kontakt
🕷️ Spezifische Phobien
Intensive, irrationale Angst vor bestimmten Objekten oder Situationen. Die Angst ist unverhältnismäßig zur tatsächlichen Gefahr.
- Tierphobien (Spinnen, Hunde, Schlangen)
- Höhenangst (Akrophobie)
- Flugangst (Aviophobie)
- Spritzenphobie
- Angst vor Blut oder Verletzungen
🔁 Zwangsstörungen
Auch wenn Zwangsstörungen in neueren Klassifikationen nicht mehr zu den Angststörungen gezählt werden, sind sie eng mit Angst verbunden. Betroffene erleben quälende Zwangsgedanken und/oder -handlungen.
- Kontrollzwänge (z.B. Herd, Türschloss)
- Waschzwänge aus Angst vor Keimen
- Zählzwänge und Ordnungszwänge
- Zwangsgedanken (aggressive, sexuelle Inhalte)
Symptome: Wie äußern sich Angststörungen?
Angststörungen zeigen sich auf drei Ebenen: körperlich, gedanklich und im Verhalten.
Körperliche Symptome
- Herzrasen, Herzklopfen, Herzstolpern
- Atemnot, Kurzatmigkeit, Hyperventilation
- Schwindel, Benommenheit, Schwächegefühl
- Zittern, Muskelzucken
- Schwitzen, Hitzewallungen, Kälteschauer
- Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfall
- Enge- oder Druckgefühl in Brust/Hals
- Kribbeln oder Taubheitsgefühle
Gedankliche Symptome
- Katastrophengedanken ("Es passiert etwas Schlimmes")
- Kontrollverlustängste
- Angst vor Herzinfarkt oder Schlaganfall
- Angst, verrückt zu werden
- Todesangst
- Ständiges Grübeln und Sorgen
- Konzentrationsstörungen
- Gefühl der Unwirklichkeit (Derealisation)
Verhaltensänderungen
- Vermeidung angstauslösender Situationen
- Rückversicherungsverhalten
- Einschränkung des Bewegungsradius
- Sozialer Rückzug
- Nur noch mit Begleitung unterwegs
- Ständige Fluchtbereitschaft
- Medikamenten- oder Alkoholmissbrauch zur "Selbstmedikation"
⚠️ Vorsicht vor dem Teufelskreis der Angst
Vermeidungsverhalten lindert die Angst kurzfristig, verstärkt sie aber langfristig. Je mehr man meidet, desto größer wird die Angst vor der Situation. Dieser Kreislauf ist typisch für Angststörungen:
1. Angstauslösende Situation → 2. Angstgedanken → 3. Körperliche Reaktion → 4. Noch mehr Angst → 5. Flucht/Vermeidung → 6. Kurzfristige Erleichterung → 7. Langfristig: Angst wird größer
Psychotherapie hilft, diesen Kreislauf zu durchbrechen!
Ursachen: Wie entstehen Angststörungen?
Angststörungen entstehen meist durch ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Es gibt nicht die eine Ursache, sondern ein komplexes Wechselspiel:
Biologische Faktoren
- Genetische Veranlagung: Angststörungen kommen familiär gehäuft vor. Das Risiko ist etwa 4-6 mal höher, wenn nahe Verwandte betroffen sind
- Neurobiologie: Ungleichgewicht der Botenstoffe (Neurotransmitter) im Gehirn, besonders Serotonin, Noradrenalin und GABA
- Überaktive Amygdala: Das "Angstzentrum" im Gehirn reagiert übermäßig auf potenzielle Bedrohungen
- Stresshormon-System: Dauerhafte Überaktivierung der Stressachse (HPA-Achse)
Psychologische Faktoren
- Erlerntes Verhalten: Angstreaktionen können durch Beobachtung (z.B. ängstliche Eltern) erlernt werden
- Traumatische Erlebnisse: Unfälle, Überfälle, Missbrauch können Angststörungen auslösen
- Denkstile: Neigung zu katastrophisierenden Gedanken, übermäßiger Kontrolle, Perfektionismus
- Bindungserfahrungen: Unsichere Bindung in der Kindheit erhöht das Risiko
Soziale und Umweltfaktoren
- Chronischer Stress: Dauerbelastung in Beruf, Beziehung oder Familie
- Lebensveränderungen: Umzug, Jobwechsel, Trennungen können Angststörungen auslösen
- Erziehungsstil: Überbehütung oder emotionale Vernachlässigung
- Gesellschaftlicher Druck: Leistungsanforderungen, soziale Erwartungen
Aufrechterhaltende Faktoren
- Vermeidungsverhalten: Verhindert positive Lernerfahrungen ("Es ist gar nicht so schlimm")
- Sicherheitsverhalten: Z.B. immer Notfall-Medikamente dabeihaben, verhindert Vertrauen in eigene Bewältigungsfähigkeiten
- Körperliche Aufmerksamkeit: Ständiges "In-sich-Hineinhorchen" verstärkt Symptome
- Substanzgebrauch: Alkohol oder Medikamente als "Krücke"
Diagnose: Wann sollte ich zum Arzt?
Sie sollten professionelle Hilfe suchen, wenn:
- Die Angst länger als 4-6 Wochen anhält
- Sie Ihr Leben deutlich einschränkt (Arbeit, Beziehungen, Alltag)
- Sie unter wiederkehrenden Panikattacken leiden
- Sie wichtige Aktivitäten vermeiden
- Zusätzliche Symptome wie Depression auftreten
- Sie zu Alkohol oder Medikamenten greifen, um die Angst zu bewältigen
Wo bekomme ich Hilfe?
Erste Anlaufstellen können sein:
- Hausarzt: Kann körperliche Ursachen ausschließen und zu Fachärzten überweisen
- Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie: Kann diagnostizieren und Medikamente verschreiben
- Psychologischer Psychotherapeut: Bietet Psychotherapie an
- Psychiatrische Institutsambulanzen: Für akute Fälle
- Beratungsstellen: Erste Anlaufstelle für Information und Orientierung
🔍 Die Diagnosestellung
Die Diagnose einer Angststörung erfolgt durch ein ausführliches Gespräch (Anamnese). Der Arzt oder Therapeut fragt nach:
- Art und Häufigkeit der Angstsymptome
- Auslösesituationen
- Beginn und Verlauf der Beschwerden
- Auswirkungen auf den Alltag
- Früheren psychischen Erkrankungen
- Medikamenteneinnahme
Zusätzlich werden meist körperliche Untersuchungen durchgeführt, um organische Ursachen (z.B. Schilddrüsenüberfunktion, Herzrhythmusstörungen) auszuschließen.
Behandlung von Angststörungen
Die gute Nachricht: Angststörungen gehören zu den am besten behandelbaren psychischen Erkrankungen. Die Behandlung ruht auf zwei Säulen:
1. Psychotherapie (erste Wahl!)
Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) gilt als Goldstandard in der Behandlung von Angststörungen. Sie zeigt bei 60-80% der Patienten deutliche Erfolge.
Was passiert in der Verhaltenstherapie?
- Psychoedukation: Verstehen, wie Angst funktioniert und entsteht
- Exposition: Schrittweise Konfrontation mit angstauslösenden Situationen (das Herzstück der Therapie!)
- Kognitive Umstrukturierung: Veränderung angstfördernder Gedanken
- Entspannungstechniken: Progressive Muskelentspannung, Atemübungen
- Achtsamkeitstraining: Im Hier und Jetzt bleiben statt in Angstgedanken
✅ Expositionstherapie: Angst durch Konfrontation überwinden
Das klingt paradox, aber es funktioniert: Durch die wiederholte Konfrontation mit der angstauslösenden Situation ohne Flucht oder Vermeidung lernt das Gehirn, dass die befürchtete Katastrophe nicht eintritt.
Beispiel Spinnenangst: Zunächst Bilder von Spinnen ansehen, dann Videos, dann Spinnen in geschlossenen Behältern, schließlich Spinnen in der Hand halten – immer in kleinen, machbaren Schritten.
Die Angst wird zunächst stark ansteigen, erreicht dann einen Höhepunkt und sinkt von selbst wieder ab (Habituation). Diese Erfahrung ist heilsam!
Weitere Therapieformen
- Psychodynamische Therapie: Bearbeitung unbewusster Konflikte
- EMDR: Besonders bei traumabedingten Ängsten
- Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT): Akzeptanz von Angstgefühlen statt Kampf dagegen
- Gruppentherapie: Austausch mit anderen Betroffenen
2. Medikamentöse Behandlung
Medikamente können die Therapie unterstützen, ersetzen aber nicht die Psychotherapie. Sie kommen zum Einsatz bei:
- Schweren Angststörungen mit starker Einschränkung
- Unzureichendem Ansprechen auf Psychotherapie allein
- Wenn keine Psychotherapie verfügbar oder möglich ist
- Komorbiden Depressionen
Medikamente der ersten Wahl: SSRIs und SNRIs
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs) sind die Standardmedikation bei Angststörungen:
- Escitalopram (Cipralex): Sehr gut bei generalisierter Angststörung, Panikstörung und sozialer Phobie
- Sertralin: Breit wirksam bei verschiedenen Angststörungen, auch bei Zwangsstörungen
- Paroxetin: Zugelassen für soziale Phobie, generalisierte Angst und Panikstörung
- Venlafaxin: SNRI, besonders bei generalisierter Angststörung
- Duloxetin: SNRI, gut bei generalisierter Angst
Wichtig zu wissen:
- Wirkung setzt erst nach 2-4 Wochen ein – Geduld ist wichtig!
- Zu Beginn können sich Ängste kurzzeitig verstärken ("Aktivierungsphänomen")
- Einnahme über mindestens 6-12 Monate empfohlen
- Kein Abhängigkeitspotenzial
- Absetzen nur langsam ausschleichend
Benzodiazepine: Notfallmedikation, aber Vorsicht!
Benzodiazepine wie Lorazepam (Tavor), Alprazolam oder Diazepam wirken schnell angstlösend und beruhigend, haben aber erhebliche Nachteile:
- Hohes Abhängigkeitspotenzial: Schon nach wenigen Wochen möglich
- Gewöhnungseffekt: Wirkung lässt nach, höhere Dosen werden benötigt
- Entzugssymptome: Beim Absetzen verstärkte Angst, Zittern, Schlaflosigkeit
- Beeinträchtigung: Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Sturzgefahr
- Vermeidung wird verstärkt: Man lernt nicht, die Situation selbst zu bewältigen
⚠️ Benzodiazepine: Nur kurzfristig!
Benzodiazepine sollten nur in Ausnahmefällen und dann maximal 4 Wochen eingenommen werden. Sie sind geeignet für:
- Akute Krisensituationen
- Überbrückung bis SSRIs wirken
- Schwere Panikattacken als "Notfallmedikament"
Sie sind keine Dauerlösung! Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Alternativen.
Weitere Medikamente
- Buspiron: Angstlösend ohne Abhängigkeitspotenzial, wirkt aber langsamer (2-4 Wochen)
- Pregabalin: Bei generalisierter Angststörung zugelassen
- Opipramol: Mildes Anxiolytikum ohne Abhängigkeitsgefahr
- Betablocker: Helfen gegen körperliche Symptome (Herzrasen, Zittern), aber nicht gegen die Angst selbst
Selbsthilfe: Was kann ich selbst tun?
Neben professioneller Hilfe gibt es viele Dinge, die Sie selbst tun können:
Akuthilfe bei Panikattacken
🆘 SOS-Strategien bei akuter Panik
- Atmen: Bewusst langsam und tief in den Bauch atmen (4 Sekunden ein, 6 Sekunden aus)
- Erden: 5-4-3-2-1-Technik: Benennen Sie 5 Dinge, die Sie sehen, 4 die Sie hören, 3 die Sie fühlen, 2 die Sie riechen, 1 das Sie schmecken
- Akzeptieren: "Das ist eine Panikattacke. Sie ist unangenehm, aber nicht gefährlich. Sie geht vorbei."
- Nicht flüchten: Bleiben Sie in der Situation, bis die Angst abnimmt
- Bewegung: Spazierengehen kann helfen, die Energie abzubauen
Langfristige Selbsthilfe-Strategien
Entspannungstechniken
- Progressive Muskelentspannung (PMR): Systematisches An- und Entspannen von Muskelgruppen
- Atemübungen: Täglich 10 Minuten Bauchatmung
- Meditation und Achtsamkeit: Im Moment bleiben statt in Sorgen
- Yoga, Tai Chi: Verbindung von Körper und Geist
Lebensstil
- Regelmäßige Bewegung: 30 Minuten moderate Aktivität täglich reduziert Angst deutlich
- Schlafhygiene: Feste Schlafenszeiten, kein Koffein am Abend, Bildschirmpause vor dem Schlaf
- Ernährung: Ausgewogen essen, Blutzuckerschwankungen vermeiden
- Koffein und Alkohol reduzieren: Können Angst verstärken
- Struktur und Routine: Geben Sicherheit und Orientierung
Angsttagebuch führen
Notieren Sie:
- Wann tritt die Angst auf?
- Was war der Auslöser?
- Welche Gedanken hatte ich?
- Wie stark war die Angst (0-10)?
- Was habe ich getan? Hat es geholfen?
Dies hilft, Muster zu erkennen und Fortschritte sichtbar zu machen.
Selbsthilfegruppen
Der Austausch mit anderen Betroffenen kann sehr entlastend sein. Sie merken: "Ich bin nicht allein!" Viele Städte haben Selbsthilfegruppen für Angststörungen.
Apps und Online-Programme
Es gibt zunehmend qualitätsgeprüfte digitale Angebote:
- Online-Therapieprogramme (z.B. als Überbrückung bis zum Therapieplatz)
- Meditations-Apps
- Angst-Tagebuch-Apps
- Entspannungs-Apps mit geführten Übungen
Leben mit Angststörungen: Langfristige Perspektiven
Prognose: Wie sind die Heilungschancen?
Die Prognose ist grundsätzlich gut:
- Mit Behandlung: 60-80% der Patienten erreichen deutliche Besserung oder Heilung
- Ohne Behandlung: Angststörungen werden oft chronisch und verschlechtern sich
- Rückfälle: Möglich, aber mit erlernten Strategien besser zu bewältigen
- Je früher die Behandlung, desto besser: Langbestehende Angststörungen sind schwerer zu behandeln
Komplikationen vermeiden
Unbehandelte Angststörungen können zu weiteren Problemen führen:
- Depression: Tritt bei ca. 50% der Angstpatienten zusätzlich auf
- Substanzmissbrauch: Selbstmedikation mit Alkohol oder Medikamenten
- Sozialer Rückzug: Verlust von Beziehungen, Arbeitsplatz
- Körperliche Folgen: Chronische Verspannungen, Magen-Darm-Probleme, Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Für Angehörige: Wie kann ich helfen?
- Informieren Sie sich: Verstehen Sie, wie Angststörungen funktionieren
- Nehmen Sie es ernst: Auch wenn die Angst irrational erscheint – sie ist real
- Drängen Sie nicht: Kein "Stell dich nicht so an" oder "Das ist doch nicht schlimm"
- Unterstützen Sie die Behandlung: Ermutigen zu Therapie und Medikamenteneinnahme
- Keine falsche Rücksicht: Vermeidungsverhalten nicht unterstützen, aber auch nicht zu Konfrontation zwingen
- Achten Sie auf sich selbst: Angehörige brauchen auch Unterstützung
📚 Buchtipps und Ressourcen
- "Wenn plötzlich die Angst kommt" von Roger Baker – Selbsthilfe bei Panik und Agoraphobie
- "Arbeitsbuch Angst" von Katharina Stengler – Praktischer Ratgeber mit Übungen
- "Ängste verstehen und überwinden" von Doris Wolf – Klassiker der Selbsthilfe
- Deutsche Angsthilfe e.V.: Selbsthilfeorganisation mit vielen Informationen
- Angst-und-Panik.de: Forum und Informationsportal
Spezielle Angststörungen im Detail
Generalisierte Angststörung (GAS)
Menschen mit GAS machen sich ständig übermäßige Sorgen über verschiedenste Dinge. Die Sorgen sind schwer zu kontrollieren und beeinträchtigen den Alltag erheblich.
Typisch: "Was-wäre-wenn"-Gedanken, Grübeln über unwahrscheinliche Katastrophen, Unfähigkeit zur Entspannung
Behandlung: Kognitive Verhaltenstherapie mit Sorgenkonfrontation, Entspannungsverfahren, Escitalopram oder Venlafaxin
Panikstörung mit/ohne Agoraphobie
Plötzliche, intensive Angstanfälle ohne erkennbaren Auslöser. Die Angst vor der nächsten Attacke ("Angst vor der Angst") bestimmt das Leben.
Typisch: Herzrasen, Erstickungsgefühl, Schwindel, Todesangst, Vermeidung von Orten, an denen Panikattacken auftraten
Behandlung: Konfrontationstherapie, Interozeptive Exposition (bewusste Herbeiführung körperlicher Symptome), Sertralin oder Paroxetin
Soziale Angststörung
Starke Angst vor sozialen Situationen aus Furcht vor negativer Bewertung. Kann sich auf bestimmte Situationen beschränken (z.B. öffentliches Sprechen) oder generalisiert sein.
Typisch: Erröten, Zittern, Schwitzen vor anderen Menschen, Vermeidung sozialer Kontakte trotz Wunsch danach
Behandlung: Kognitive Verhaltenstherapie mit Videoanalyse, soziales Kompetenztraining, Paroxetin oder Escitalopram
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Ist eine Angststörung eine echte Krankheit?
Ja, absolut! Angststörungen sind anerkannte psychische Erkrankungen mit neurologischen Veränderungen im Gehirn. Sie sind nicht "nur Einbildung" oder Schwäche.
Kann ich von Angststörungen sterben?
Nein. Auch wenn Panikattacken sich wie ein Herzinfarkt anfühlen können – sie sind nicht lebensbedrohlich. Die körperlichen Symptome sind unangenehm, aber nicht gefährlich.
Wie lange dauert eine Therapie?
Eine Verhaltenstherapie bei Angststörungen umfasst typischerweise 20-40 Sitzungen über mehrere Monate. Bei spezifischen Phobien können manchmal schon 10-15 Sitzungen ausreichen.
Muss ich für immer Medikamente nehmen?
Nicht unbedingt. Nach erfolgreicher Therapie und stabiler Besserung können Medikamente oft ausgeschlichen werden. Die Entscheidung trifft man gemeinsam mit dem Arzt.
Kann ich ohne Medikamente gesund werden?
Ja, bei leichten bis mittelschweren Angststörungen ist Psychotherapie allein oft ausreichend. Bei schweren Formen kann die Kombination sinnvoll sein.
Was, wenn die Therapie nicht hilft?
Dann gibt es Alternativen: andere Therapieformen, Medikamentenwechsel, intensivere Behandlung (Tagesklinik, Klinik). Nicht aufgeben – es gibt viele Wege!
Sind Angststörungen heilbar?
Ja, viele Menschen werden komplett gesund. Andere lernen, so gut mit ihrer Angst umzugehen, dass sie kaum noch eingeschränkt sind. Eine Neigung zu Angst kann bleiben, aber man kann lernen, damit zu leben.