Lamotrigin (Lamictal)

Antiepileptikum und Stimmungsstabilisierer zur Behandlung von Epilepsie und bipolarer Störung

Wirkstoffklasse
Antiepileptikum
Hauptanwendung
Bipolare Störung
Rezeptpflicht
Ja
Markenname
Lamictal

Was ist Lamotrigin?

Lamotrigin ist ein Antiepileptikum, das ursprünglich zur Behandlung von Epilepsie entwickelt wurde. Heute wird es jedoch auch häufig als Stimmungsstabilisierer bei bipolarer Störung eingesetzt. Der bekannteste Markenname ist Lamictal, es sind aber auch viele Generika verfügbar.

Das Besondere an Lamotrigin ist seine gute Wirksamkeit gegen depressive Episoden bei bipolarer Störung, während die meisten anderen Stimmungsstabilisierer eher gegen Manien wirken. Deshalb ist es für viele Betroffene, die vor allem unter depressiven Phasen leiden, eine wichtige Behandlungsoption.

💡 Gut zu wissen

Lamotrigin gehört zur Gruppe der Antiepileptika, wird aber heute mindestens genauso häufig zur Behandlung bipolarer Störungen wie zur Epilepsiebehandlung verschrieben.

Wie wirkt Lamotrigin?

Lamotrigin stabilisiert die elektrische Aktivität im Gehirn. Es blockiert bestimmte Natriumkanäle in den Nervenzellen und reduziert dadurch eine übermäßige Erregung der Nervenzellen.

Wirkweise im Detail

Im Gegensatz zu vielen anderen Stimmungsstabilisierern wirkt Lamotrigin vor allem gegen depressive Phasen und weniger gegen Manien. Bei akuten manischen Episoden ist es daher nicht das Mittel der ersten Wahl.

Anwendungsgebiete

Lamotrigin wird bei verschiedenen Erkrankungen eingesetzt:

1. Bipolare Störung

Die Hauptanwendung in der Psychiatrie ist die Langzeitbehandlung bipolarer Störungen. Lamotrigin wird eingesetzt zur:

✓ Besonders wirksam bei

Lamotrigin ist besonders effektiv bei der Vorbeugung depressiver Episoden bei bipolarer Störung. Es ist eines der wenigen Medikamente, das hier eine nachgewiesene vorbeugende Wirkung hat.

2. Epilepsie

Bei Epilepsie wird Lamotrigin eingesetzt bei:

Off-Label-Anwendungen

Manchmal wird Lamotrigin auch bei anderen Erkrankungen eingesetzt, obwohl dies nicht offiziell zugelassen ist:

Dosierung und Einnahme

Die Dosierung von Lamotrigin erfordert besondere Sorgfalt. Eine sehr langsame Dosissteigerung ist zwingend notwendig, um das Risiko schwerer Hautreaktionen zu minimieren.

⚠️ Wichtig: Langsame Aufdosierung

Lamotrigin muss immer sehr langsam eingeschlichen werden. Halten Sie sich genau an den Dosierungsplan Ihres Arztes! Eine zu schnelle Steigerung erhöht das Risiko für gefährliche Hautreaktionen erheblich.

Typischer Dosierungsplan bei bipolarer Störung

Woche Dosis Einnahme
Woche 1-2 25 mg 1x täglich
Woche 3-4 50 mg 1x täglich oder 2x 25 mg
Woche 5 100 mg 2x 50 mg
Woche 6 200 mg 2x 100 mg
Erhaltungsdosis 100-400 mg Verteilt auf 1-2 Einnahmen

Hinweis: Bei gleichzeitiger Einnahme bestimmter anderer Medikamente (z.B. Valproat oder hormonelle Verhütungsmittel) muss die Dosierung angepasst werden. Ihr Arzt wird den Plan entsprechend modifizieren.

Praktische Einnahmehinweise

Wirkungseintritt

Die Wirkung von Lamotrigin setzt nicht sofort ein. Geduld ist wichtig:

💡 Warum dauert es so lange?

Die langsame Aufdosierung ist medizinisch notwendig für Ihre Sicherheit. Zudem braucht das Gehirn Zeit, sich an das Medikament zu gewöhnen und sein chemisches Gleichgewicht zu stabilisieren.

Nebenwirkungen

Wie alle Medikamente kann Lamotrigin Nebenwirkungen haben. Die meisten sind mild und verschwinden mit der Zeit.

Häufige Nebenwirkungen (bei mehr als 1 von 10 Personen)

Gelegentliche Nebenwirkungen

⚠️ Schwere Hautreaktionen – Sofort zum Arzt!

🚨 Hautausschlag als Alarmsignal

Bei jedem Hautausschlag unter Lamotrigin sofort einen Arzt aufsuchen! In seltenen Fällen kann es zu schweren, lebensbedrohlichen Hautreaktionen kommen:

  • Stevens-Johnson-Syndrom (SJS)
  • Toxische epidermale Nekrolyse (TEN)
  • DRESS-Syndrom (Arzneimittelexanthem mit systemischen Symptomen)

Warnsignale:

  • Hautausschlag (besonders großflächig oder mit Blasenbildung)
  • Fieber
  • Geschwollene Lymphknoten
  • Geschwollenes Gesicht
  • Entzündungen im Mund- oder Rachenbereich

Risiko: Am höchsten in den ersten 8 Wochen der Behandlung und bei zu schneller Dosissteigerung. Das Risiko liegt bei etwa 1:1000 bei korrekter Aufdosierung.

Weitere seltene, aber ernste Nebenwirkungen

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten

Lamotrigin kann mit verschiedenen Medikamenten interagieren. Einige Arzneimittel beeinflussen den Abbau von Lamotrigin und erfordern eine Dosisanpassung:

Medikamente, die Lamotrigin-Spiegel senken

Diese beschleunigen den Abbau von Lamotrigin – höhere Dosen können erforderlich sein:

⚠️ Wichtig für Frauen: Verhütung und Lamotrigin

Hormonelle Verhütungsmittel (Pille) senken den Lamotrigin-Spiegel um bis zu 50%! Beim Absetzen der Pille steigt der Spiegel wieder stark an. Beides erfordert eine Dosisanpassung. Besprechen Sie Verhütungsmethoden unbedingt mit Ihrem Arzt!

Medikamente, die Lamotrigin-Spiegel erhöhen

Diese verlangsamen den Abbau – niedrigere Dosen sind nötig:

Andere wichtige Wechselwirkungen

Kontraindikationen – Wann darf Lamotrigin nicht eingenommen werden?

Lamotrigin darf nicht eingenommen werden bei:

Besondere Vorsicht ist geboten bei

Schwangerschaft und Stillzeit

Schwangerschaft

Lamotrigin in der Schwangerschaft ist ein wichtiges Thema, das sorgfältig mit dem Arzt besprochen werden muss:

💡 Gut zu wissen

Lamotrigin gilt als eines der sichereren Antiepileptika in der Schwangerschaft. Bei bipolarer Störung muss individuell abgewogen werden, ob eine Fortsetzung der Behandlung notwendig ist.

Stillzeit

Lamotrigin geht in die Muttermilch über:

Absetzen von Lamotrigin

⚠️ Niemals abrupt absetzen!

Lamotrigin darf niemals plötzlich abgesetzt werden! Bei Epilepsie-Patienten kann dies zu schweren Krampfanfällen führen. Bei bipolarer Störung droht ein Rückfall in eine depressive oder manische Episode.

Richtiges Ausschleichen

Das Absetzen muss sehr langsam erfolgen:

Mögliche Absetzerscheinungen

Wichtige Verhaltensregeln während der Behandlung

Regelmäßige Kontrollen

Während der Behandlung mit Lamotrigin sind regelmäßige ärztliche Kontrollen wichtig:

Verkehrstüchtigkeit und Maschinenbedienung

Lamotrigin kann Ihre Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen:

Alkohol

Alkohol sollte während der Behandlung mit Lamotrigin vermieden oder stark eingeschränkt werden:

Vorteile von Lamotrigin

✓ Stärken des Medikaments

  • Wirksam gegen Depression: Eines der wenigen Medikamente, das speziell depressive Episoden bei bipolarer Störung verhindert
  • Gute Verträglichkeit: Im Vergleich zu vielen anderen Stimmungsstabilisierern weniger Nebenwirkungen
  • Keine Gewichtszunahme: Verursacht im Gegensatz zu vielen anderen Psychopharmaka meist keine Gewichtsprobleme
  • Keine Sedierung: Macht tagsüber meist nicht müde (bei richtiger Dosierung)
  • Keine Abhängigkeit: Kein Suchtpotenzial
  • Langfristig einsetzbar: Geeignet für Langzeitbehandlung
  • Relativ sicher in der Schwangerschaft: Im Vergleich zu anderen Antiepileptika

Nachteile und Einschränkungen

Alternativen zu Lamotrigin

Je nach Erkrankung und individueller Situation können auch andere Medikamente in Frage kommen:

Bei bipolarer Störung

Bei Epilepsie

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie schnell wirkt Lamotrigin?

Bei bipolarer Störung dauert es meist 4-6 Wochen nach Erreichen der Zieldosis, bis die stimmungsstabilisierende Wirkung voll einsetzt. Die antiepileptische Wirkung kann früher eintreten. Aufgrund der notwendigen langsamen Aufdosierung vergehen oft 2-3 Monate bis zur vollen therapeutischen Wirkung.

Warum muss Lamotrigin so langsam aufdosiert werden?

Eine langsame Dosissteigerung ist wichtig, um das Risiko schwerer Hautreaktionen wie dem Stevens-Johnson-Syndrom zu minimieren. Bei zu schneller Aufdosierung steigt dieses Risiko erheblich. Die sorgfältige Einhaltung des Dosierungsplans ist daher eine wichtige Sicherheitsmaßnahme.

Kann man Lamotrigin abrupt absetzen?

Nein, niemals! Lamotrigin muss immer schrittweise über mehrere Wochen ausgeschlichen werden. Bei Epilepsie-Patienten drohen sonst Krampfanfälle, bei bipolarer Störung kann es zu einem Rückfall kommen. Setzen Sie Lamotrigin niemals ohne ärztliche Rücksprache ab.

Macht Lamotrigin abhängig?

Nein. Lamotrigin hat kein Abhängigkeitspotenzial und macht nicht süchtig. Es gehört nicht zu den Benzodiazepinen. Das notwendige Ausschleichen dient der Vermeidung von Rückfällen, nicht der Verhinderung von Entzugssymptomen.

Nimmt man von Lamotrigin zu?

Im Gegensatz zu vielen anderen Psychopharmaka verursacht Lamotrigin normalerweise keine Gewichtszunahme. Einige Patienten berichten sogar von leichtem Gewichtsverlust. Das ist ein großer Vorteil gegenüber Medikamenten wie Lithium, Valproat oder vielen Antipsychotika.

Kann ich während der Behandlung Auto fahren?

Das hängt davon ab, wie Sie das Medikament vertragen. Zu Beginn der Behandlung sollten Sie vorsichtig sein, da Schwindel, Müdigkeit und Sehstörungen auftreten können. Wenn Sie das Medikament gut vertragen und keine beeinträchtigenden Nebenwirkungen haben, ist Autofahren in der Regel möglich. Testen Sie Ihre Reaktion zunächst in sicherer Umgebung.

Was passiert, wenn ich eine Dosis vergessen habe?

Nehmen Sie beim nächsten Einnahmezeitpunkt die normale Dosis – niemals die doppelte Menge! Wenn Sie mehrere Dosen vergessen haben, kontaktieren Sie Ihren Arzt, bevor Sie weitermachen. Regelmäßige Einnahme ist wichtig für die Wirksamkeit und Sicherheit.

Wie lange muss ich Lamotrigin nehmen?

Das hängt von Ihrer Erkrankung ab. Bei bipolarer Störung ist meist eine Langzeitbehandlung über Jahre notwendig, um Rückfälle zu verhindern. Bei Epilepsie wird die Behandlung oft über viele Jahre oder lebenslang fortgesetzt. Die Dauer sollte individuell mit Ihrem Arzt besprochen werden.

Ist Lamotrigin oder Lithium besser bei bipolarer Störung?

Das lässt sich nicht pauschal beantworten – beide haben ihre Vor- und Nachteile:

Oft werden beide kombiniert. Die Wahl hängt davon ab, welche Symptome bei Ihnen im Vordergrund stehen.

Kann man Lamotrigin mit Antidepressiva kombinieren?

Ja, eine Kombination ist möglich und wird häufig durchgeführt, besonders bei therapieresistenten Depressionen. Allerdings sollte bei bipolarer Störung die Gabe von Antidepressiva vorsichtig erfolgen, da sie manische Episoden auslösen können. Die Kombination sollte immer ärztlich überwacht werden.

Zusammenfassung

Lamotrigin ist ein wichtiges Medikament zur Behandlung von Epilepsie und bipolarer Störung. Seine besondere Stärke liegt in der vorbeugenden Wirkung gegen depressive Episoden bei bipolarer Störung.

Wichtigste Punkte:

💡 Wichtigster Ratschlag

Halten Sie sich genau an den Dosierungsplan Ihres Arztes! Die langsame Aufdosierung ist keine Schikane, sondern eine wichtige Sicherheitsmaßnahme. Und: Bei jedem Hautausschlag, egal wie harmlos er aussieht, sofort ärztlichen Rat einholen!