⚠️ Wichtige Warnung: Abhängigkeitsgefahr
Benzodiazepine und Z-Substanzen haben ein hohes Suchtpotenzial! Eine Abhängigkeit kann sich bereits nach wenigen Wochen regelmäßiger Einnahme entwickeln. Diese Medikamente sind nur für die Kurzzeittherapie (maximal 2-4 Wochen) zugelassen.
Setzen Sie diese Medikamente niemals abrupt ab - es können schwere Entzugserscheinungen auftreten. Sprechen Sie immer mit Ihrem Arzt über ein schrittweises Ausschleichen.
Was sind Benzodiazepine?
Benzodiazepine sind eine Gruppe von Medikamenten, die dämpfend auf das zentrale Nervensystem wirken. Sie verstärken die Wirkung des körpereigenen Botenstoffs GABA (Gamma-Aminobuttersäure), der beruhigend und entspannend wirkt. Die erste Benzodiazepin-Substanz, Chlordiazepoxid, wurde 1960 eingeführt und revolutionierte die Behandlung von Angst und Schlafstörungen.
Wirkmechanismus
Benzodiazepine binden an spezielle Bindungsstellen (Benzodiazepin-Rezeptoren) am GABA-A-Rezeptor im Gehirn. Dadurch verstärken sie die hemmende Wirkung von GABA, was zu folgenden Effekten führt:
- Anxiolyse – Angstlösende Wirkung
- Sedierung – Beruhigende, schläfrig machende Wirkung
- Muskelrelaxation – Entspannung der Muskulatur
- Antikonvulsive Wirkung – Krampflösend
- Amnestische Wirkung – Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses
Wann werden Benzodiazepine eingesetzt?
Benzodiazepine sind nur für die Kurzzeitbehandlung zugelassen bei:
- Akuten schweren Angstzuständen
- Panikattacken
- Schlafstörungen (wenn andere Maßnahmen nicht helfen)
- Akuten Erregungszuständen
- Prämedikation vor Operationen
- Epileptischen Anfällen (als Notfallmedikation)
- Alkoholentzug (zur Vorbeugung von Krampfanfällen)
⏱️ Maximale Behandlungsdauer
Die Behandlungsdauer mit Benzodiazepinen sollte so kurz wie möglich sein:
- Bei Schlafstörungen: Maximal 2 Wochen
- Bei Angstzuständen: Maximal 4 Wochen
- Einschließlich Ausschleichphase
Eine längere Anwendung erhöht das Risiko einer körperlichen und psychischen Abhängigkeit erheblich!
Benzodiazepine im Überblick
Tavor (Lorazepam)
Mittellang wirkendes Benzodiazepin
Lorazepam ist eines der am häufigsten verschriebenen Benzodiazepine in Deutschland. Es wirkt stark angstlösend und beruhigend mit mittellanger Wirkdauer. Häufig bei Angststörungen und Panikattacken eingesetzt.
Wirkdauer: 10-20 Stunden
Wirkeintritt: 20-30 Minuten
Valium (Diazepam)
Lang wirkendes klassisches Benzodiazepin
Diazepam ist das bekannteste Benzodiazepin und wird seit 1963 verwendet. Es hat eine lange Wirkdauer und ausgeprägte muskelentspannende Eigenschaften. Wird auch bei Epilepsie und Muskelkrämpfen eingesetzt.
Wirkdauer: 20-100 Stunden (mit Metaboliten)
Wirkeintritt: 15-30 Minuten
Lorazepam
Generikum von Tavor
Lorazepam ist der Wirkstoffname von Tavor. Als Generikum von verschiedenen Herstellern erhältlich und günstiger als das Originalpräparat. Die Wirkung ist identisch.
Wirkdauer: 10-20 Stunden
Wirkeintritt: 20-30 Minuten
Diazepam
Generikum von Valium
Diazepam ist der generische Name für Valium. Eines der am längsten auf dem Markt befindlichen Benzodiazepine mit breitem Anwendungsspektrum.
Wirkdauer: 20-100 Stunden
Wirkeintritt: 15-30 Minuten
Alprazolam (Tafil)
Kurz wirkendes hochpotentes Benzodiazepin
Alprazolam wirkt besonders stark angstlösend und wird vor allem bei Panikstörungen eingesetzt. Es hat eine kurze bis mittellange Wirkdauer und ein hohes Abhängigkeitspotenzial.
Wirkdauer: 12-15 Stunden
Wirkeintritt: 15-30 Minuten
Oxazepam (Adumbran)
Mittellang wirkendes Benzodiazepin
Oxazepam hat keine aktiven Metaboliten und wird oft bei älteren Patienten oder bei Leberfunktionsstörungen bevorzugt. Es wirkt weniger sedierend als andere Benzodiazepine.
Wirkdauer: 5-15 Stunden
Wirkeintritt: 45-90 Minuten
Bromazepam (Lexotanil)
Mittellang wirkendes Benzodiazepin
Bromazepam hat eine ausgewogene angstlösende und beruhigende Wirkung. Es wird häufig bei generalisierten Angststörungen eingesetzt.
Wirkdauer: 10-20 Stunden
Wirkeintritt: 30-60 Minuten
Clonazepam (Rivotril)
Lang wirkendes Benzodiazepin
Clonazepam wird hauptsächlich als Antiepileptikum eingesetzt, wirkt aber auch stark angstlösend. Es hat eine sehr lange Wirkdauer und wird auch bei Panikstörungen verwendet.
Wirkdauer: 18-50 Stunden
Wirkeintritt: 30-60 Minuten
Temazepam
Kurz wirkendes Schlafmittel
Temazepam ist ein Benzodiazepin, das speziell als Schlafmittel entwickelt wurde. Es hat eine kurze Wirkdauer und führt am nächsten Tag zu weniger Nachwirkungen als lang wirkende Benzodiazepine.
Wirkdauer: 8-15 Stunden
Wirkeintritt: 30-60 Minuten
Z-Substanzen (Z-Drugs)
Z-Substanzen sind neuere Schlafmittel, die strukturell nicht zu den Benzodiazepinen gehören, aber über den gleichen Wirkmechanismus funktionieren. Sie wurden als "sicherere" Alternative zu Benzodiazepinen entwickelt, haben aber ebenfalls ein Abhängigkeitspotenzial.
Die drei wichtigsten Z-Substanzen sind:
Vorteile von Z-Substanzen gegenüber Benzodiazepinen
- Geringere muskelrelaxierende Wirkung (weniger Sturzgefahr)
- Weniger Beeinträchtigung der Schlafarchitektur
- Kürzere Halbwertszeit (weniger Hangover-Effekt am nächsten Tag)
- Etwas geringeres, aber immer noch vorhandenes Abhängigkeitspotenzial
Zopiclon (Ximovan)
Häufig verschriebenes Z-Schlafmittel
Zopiclon ist das in Deutschland am häufigsten verschriebene Z-Schlafmittel. Es verkürzt die Einschlafzeit und verlängert die Schlafdauer. Typische Nebenwirkung ist ein bitterer metallischer Geschmack im Mund.
Wirkdauer: 5-6 Stunden
Wirkeintritt: 15-30 Minuten
Zolpidem (Stilnox)
Kurz wirkendes Z-Schlafmittel
Zolpidem hat eine sehr kurze Halbwertszeit und wirkt hauptsächlich einschlaffördernd. Es führt zu weniger Müdigkeit am nächsten Tag als lang wirkende Schlafmittel, kann aber zu nächtlichem Erwachen führen.
Wirkdauer: 2-3 Stunden
Wirkeintritt: 15-30 Minuten
Zaleplon (Sonata)
Sehr kurz wirkendes Z-Schlafmittel
Zaleplon hat die kürzeste Wirkdauer aller Schlafmittel. Es kann auch mitten in der Nacht eingenommen werden, wenn man nicht einschlafen kann, da es nach wenigen Stunden vollständig abgebaut ist.
Wirkdauer: 1-2 Stunden
Wirkeintritt: 15-20 Minuten
Vergleich: Kurz, mittel und lang wirkende Benzodiazepine
| Wirkdauer | Substanzen | Vorteile | Nachteile |
|---|---|---|---|
| Kurz wirkend (< 12h) |
Triazolam, Midazolam | Keine Hangover-Effekte am nächsten Tag, gut für Einschlafstörungen | Höheres Abhängigkeitsrisiko, häufiger Rebound-Effekte, können zu nächtlichem Erwachen führen |
| Mittellang wirkend (12-24h) |
Lorazepam, Alprazolam, Oxazepam, Bromazepam, Temazepam | Ausgewogenes Wirkprofil, geeignet für Angst und Schlafstörungen | Moderate Hangover-Effekte möglich, Abhängigkeitsrisiko vorhanden |
| Lang wirkend (> 24h) |
Diazepam, Clonazepam, Flurazepam | Gleichmäßigere Wirkung, seltener Entzugssymptome, gut für Alkoholentzug | Kumulationseffekt bei Dauereinnahme, Tagesmüdigkeit, Sturzgefahr bei Älteren |
Abhängigkeit von Benzodiazepinen
Die Abhängigkeit von Benzodiazepinen ist eines der größten Probleme in der modernen Medizin. In Deutschland sind schätzungsweise 1-1,5 Millionen Menschen von Benzodiazepinen abhängig.
Wie entsteht die Abhängigkeit?
Bei regelmäßiger Einnahme entwickelt sich eine:
Toleranzentwicklung
Der Körper gewöhnt sich an das Medikament und die ursprüngliche Dosis wirkt nicht mehr ausreichend. Dies führt zu Dosissteigerung.
Körperliche Abhängigkeit
Der Körper hat sich an die Substanz angepasst. Beim Absetzen kommt es zu Entzugserscheinungen.
Psychische Abhängigkeit
Die Überzeugung, ohne das Medikament nicht mehr schlafen oder funktionieren zu können. Angst vor dem Absetzen.
🚨 Risikofaktoren für eine Abhängigkeit
- Einnahme über mehr als 2-4 Wochen
- Höhere Dosierungen
- Kurzwirksame Benzodiazepine (höheres Suchtpotenzial)
- Vorherige Suchterkrankungen
- Persönlichkeitsstörungen
- Fehlende alternative Bewältigungsstrategien
- Chronische Angstzustände oder Schlafstörungen
Entzugserscheinungen
Beim Absetzen von Benzodiazepinen können schwere Entzugserscheinungen auftreten:
Leichte bis mittelschwere Symptome:
- Angst und innere Unruhe
- Schlafstörungen (oft schlimmer als vor Behandlungsbeginn)
- Konzentrationsstörungen
- Schwitzen
- Zittern
- Übelkeit
- Kopfschmerzen
- Muskelverspannungen
- Reizbarkeit
Schwere Symptome (bei abruptem Absetzen):
- Epileptische Anfälle
- Delirium
- Halluzinationen
- Verwirrtheit
- Extreme Angst (Panik)
Wichtig: Das Absetzen von Benzodiazepinen muss immer schrittweise und unter ärztlicher Aufsicht erfolgen! Ein abruptes Absetzen kann lebensgefährlich sein.
Richtig Absetzen: Das Ausschleichen
Das Ausschleichen von Benzodiazepinen sollte sehr langsam erfolgen. Als Faustregel gilt:
- Kurzzeitgebrauch (wenige Wochen): Reduktion über 2-4 Wochen
- Mittlere Einnahmedauer (1-3 Monate): Reduktion über 6-8 Wochen
- Langzeitgebrauch (> 6 Monate): Reduktion über mehrere Monate, oft 6-12 Monate oder länger
✓ Tipps für erfolgreiches Ausschleichen
- Arztbegleitung: Lassen Sie sich von einem Arzt begleiten
- Langsam vorgehen: Reduzieren Sie alle 1-2 Wochen um maximal 10-25% der aktuellen Dosis
- Umstellung auf lang wirkendes Präparat: Oft wird auf Diazepam umgestellt, da dies leichter zu dosieren ist
- Psychotherapie: Verhaltenstherapie kann sehr hilfreich sein
- Entspannungstechniken: Erlernen Sie alternative Bewältigungsstrategien
- Soziale Unterstützung: Sprechen Sie mit Familie/Freunden über Ihr Vorhaben
- Geduld: Entzugssymptome können Monate anhalten, werden aber besser
Nebenwirkungen von Benzodiazepinen und Z-Substanzen
Häufige Nebenwirkungen
- Müdigkeit und Schläfrigkeit: Besonders am Tag nach der Einnahme
- Beeinträchtigung der Reaktionsfähigkeit: Kein Autofahren oder Bedienen von Maschinen
- Muskelschwäche: Erhöhte Sturzgefahr, besonders bei älteren Menschen
- Schwindel: Besonders beim Aufstehen
- Konzentrations- und Gedächtnisstörungen: Anterograde Amnesie (Vergessen von Ereignissen nach der Einnahme)
- Paradoxe Reaktionen: Bei manchen Menschen Erregung statt Beruhigung, besonders bei Kindern und älteren Menschen
Besondere Risiken
Bei älteren Menschen
Erhöhtes Risiko für Stürze, Knochenbrüche, Verwirrtheit und Gedächtnisstörungen. Benzodiazepine werden oft mit Demenz in Verbindung gebracht (unklar ob Ursache oder Folge).
In der Schwangerschaft und Stillzeit
Benzodiazepine können beim ungeborenen Kind zu Fehlbildungen, Entzugssymptomen nach der Geburt und Atemstörungen führen. Sie gehen in die Muttermilch über. Die Anwendung sollte vermieden werden.
Kombination mit Alkohol
Die Kombination von Benzodiazepinen mit Alkohol ist sehr gefährlich und kann zu Atemstillstand und Tod führen. Alkohol verstärkt die sedierende Wirkung massiv.
Kombination mit Opioiden
Die gleichzeitige Einnahme von Benzodiazepinen und Opioiden (Schmerzmittel wie Tramadol) erhöht das Risiko für Atemstillstand erheblich. Viele Todesfälle durch Opioid-Überdosierung stehen mit Benzodiazepinen in Verbindung.
Alternativen zu Benzodiazepinen
Aufgrund des Abhängigkeitsrisikos sollten nach Möglichkeit alternative Behandlungen bevorzugt werden:
Bei Angststörungen
- SSRI/SNRI: Antidepressiva als Langzeittherapie
- Psychotherapie: Kognitive Verhaltenstherapie ist sehr wirksam
- Buspiron: Nicht-abhängig machendes Anxiolytikum (wirkt aber langsamer)
- Pregabalin: Bei generalisierter Angststörung (hat aber auch Missbrauchspotenzial)
- Betablocker: Bei körperlichen Angstsymptomen (Herzrasen, Zittern)
- Entspannungstechniken: Progressive Muskelentspannung, Atemübungen, Meditation
Bei Schlafstörungen
- Schlafhygiene: Regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus, kein Koffein am Abend, dunkles kühles Schlafzimmer
- Kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie (KVT-I): Sehr wirksam und ohne Nebenwirkungen
- Sedierende Antidepressiva: Mirtazapin, Trazodon, Amitriptylin in niedriger Dosis
- Melatonin: Bei älteren Menschen oder Jetlag
- Antihistaminika: Doxylamin, Diphenhydramin (kurzfristig, machen aber auch abhängig)
- Baldrian, Hopfen: Pflanzliche Mittel (Wirkung nicht sicher belegt)
💡 Wann sind Benzodiazepine vertretbar?
Trotz aller Risiken gibt es Situationen, in denen der kurzfristige Einsatz von Benzodiazepinen sinnvoll sein kann:
- Akute schwere Angstzustände oder Panikattacken (für einige Tage)
- Akute Krisensituationen (z.B. nach traumatischen Ereignissen)
- Überbrückung bis Antidepressiva wirken (maximal 2-4 Wochen)
- Status epilepticus (Notfallbehandlung)
- Medizinische Eingriffe (Prämedikation)
- Alkohol- oder Drogenentzug (unter ärztlicher Aufsicht)
Wichtig: Auch in diesen Situationen sollte die Anwendung auf wenige Tage bis maximal 2-4 Wochen begrenzt sein!
Wichtige Sicherheitshinweise
⚠️ Was Sie bei der Einnahme beachten müssen
- Nicht mit Alkohol kombinieren: Lebensgefahr durch Atemstillstand!
- Keine Teilnahme am Straßenverkehr: Fahrtüchtigkeit ist stark beeinträchtigt
- Nicht bei der Arbeit mit Maschinen: Erhöhte Unfallgefahr
- Nur zur Nacht einnehmen: Mindestens 8 Stunden Schlaf einplanen
- Nicht teilen: Nie an andere Personen weitergeben
- Regelmäßige Arztbesuche: Überprüfung der Notwendigkeit
- Niemals abrupt absetzen: Gefahr von Krampfanfällen
- Vorsicht bei älteren Menschen: Erhöhte Sturzgefahr
Rechtliche Situation
Benzodiazepine und Z-Substanzen unterliegen in Deutschland dem Betäubungsmittelgesetz (teilweise) oder sind verschreibungspflichtig. Die Verschreibung ist streng geregelt:
- Benzodiazepine dürfen nur auf speziellen Betäubungsmittelrezepten verschrieben werden (gilt für die meisten, aber nicht alle Benzodiazepine)
- Die Verschreibungsmenge ist limitiert
- Rezepte sind nur kurze Zeit gültig
- Ärzte müssen die Notwendigkeit dokumentieren
Diese strengen Regelungen sollen den Missbrauch eindämmen und Patienten vor Abhängigkeit schützen.
💡 Wichtiger Haftungsausschluss
Dieser Artikel dient ausschließlich der Information und ersetzt nicht die professionelle Beratung durch einen Arzt oder Apotheker. Bei gesundheitlichen Beschwerden konsultieren Sie bitte einen Arzt. Nehmen Sie Medikamente nur nach Rücksprache mit einem Arzt ein und beachten Sie die Packungsbeilage.
Bei bestehender Abhängigkeit: Suchen Sie professionelle Hilfe! Suchtberatungsstellen und spezialisierte Kliniken können Sie beim Entzug unterstützen.
Bei akuten Krisen: Telefonseelsorge 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 (24h, kostenlos)